Fake it – Wenn Sterne verrückt spielen

Immer wieder lande ich während meiner Internetbesuche auf Websites, die offensichtlich falsch spielen. Besonders Personen aus dem Dunstkreis des Marketings haben es scheinbar nötig, mit gezinkten Karten zu spielen. Folgend möchte ich einige beliebte Methoden auflisten und wie ihr sie erkennt.

Häufig müssen mehrere Dinge zusammenkommen, dass es sich tatsächlich um einen Schwindel handelt. Manche Aspekte können einzeln betrachtet, eine nachvollziehbare Erklärung besitzen. Achtet auf das Verhältnis dieser Merkmale zueinander.

Ich verstehe nicht, wieso Menschen viel Zeit und Muße in unechte Dinge stecken. In Dinge, die anderen Menschen bewusst oder unbewusst schaden. Warum müssen Menschen beschwindelt werden?

Bewertungen

In meinem Kopf geistern mehrere Punkte herum, starten möchte ich mit gefakten Bewertungen. Zunächst in der allgemeinen Betrachtung, also egal ob auf Google, bei Trustpilot oder einem bestimmten Branchenbuch.

Provenexpert wird beispielsweise gern verwendet, denn hier sind Fake-Einträge schneller zu erreichen als innerhalb der Google-Bewertungen oder bei Trustpilot. Bei beiden Anbietern kann nicht anonym bewertet werden, was das Faken im großen Umfang erschwert.

Innerhalb dieses Komplexes gibt es einige unterschiedliche Varianten der Falschspieler.

  • Ausschließlich 5-Sterne-Bewertungen

Je höher die Anzahl an Bewertungen, desto eher entsteht ein natürliches Gefälle entstehen. Wenn eine Firma 1700 Bewertungen hat und davon sind 98 % positiv, ist dies relativ unnatürlich. Eine bessere Vergleichsgröße stellen allerdings die Verhältnisse der Wettbewerber dar.

Besser: Eine 4-Sterne-Bewertung kann bedeuten: Alles gut gelaufen!

Ich möchte vorsichtshalber noch einmal an meinen eingangs geschriebenen Disclaimer erwähnen: Die Auflistung sollte immer im Verhältnis mit mehreren Aspekten betrachtet werden.

  • Identischer und vergleichbarer Zeitpunkt

Nicht untypisch ist es, dass Bewertungen geballt zu bestimmten Zeitpunkten erscheinen. Wenn beispielsweise im Juli 2021 sieben Bewertungen entstehen, dann aber ein Jahr Pause ist und erst Ende 2022 eine weitere Rezension geschrieben wird, scheint der Betreiber vorher nachgeholfen zu haben.

Besser: Bewertungen entstehen kontinuierlich über einen langen Zeitraum

  • Zeitpunkt der Bewertungen allgemein 

Betrachtet euch die Daten und Jahreszahlen genau. Häufen sich schlechte/gute Bewertungen in einem Jahr besonders? Liegen die letzten 5-Sterne-Bewertungen einige Jahre zurück und aktuell rezensieren die Nutzer anders?

Anzahl an Bewertungen auf unterschiedlichen Plattformen

17 Google-Bewertungen, aber 100 Rezensionen bei ProvenExpert. Woran liegt diese Diskrepanz?

  • Passt die Anzahl an Bewertungen zum Betrieb?

Cyberport hat auf Geizhals.de 5.754 Bewertungen, Notebooksbilliger zum jetzigen Zeitpunkt (11.11.2022) 5.555 und dürften damit annähernd das Maximum darstellen. Wenn nun ein Einzelunternehmer 100 Bewertungen innerhalb von zwei Jahren sammelt, kann damit ein Rückschluss auf seine Kundenanzahl geschlossen werden. Ist diese Anzahl realistisch?

Screenshot der Bewertungen von Notebooksbilliger auf Geizhals.de
Notebooksbiliger.de hat bereits 5555 Bewertungen auf Geizhals.de
  • Überschwängliche oder ähnliche Sprache

Ist die verwendete Sprache in der Rezension eventuell deckungsgleich mit den Worten, die innerhalb der Agentur/des Coachings, der Firma verwendet werden? („Alles für das richtige Mindset„)

Werden Wettbewerber häufig verglichen? („Im Vergleich zu anderen Coachings.“)

Wird innerhalb der Bewertung selbst Werbung betrieben? („Wenn du xyz willst, dann vereinbare ein Gespräch mit abc und überzeuge dich selbst.„)

  • Über den Website-Rand schauen

Unterscheidet sich das Sentiment einzelner Plattformen stark? Auf Google gibt es nur 5-Sterne, aber innerhalb von Facebook wird der Anbieter vermehrt negativ bewertet?

Google-Bewertungen

Folgende Kriterien fallen mir bei Bewertungen innerhalb des Google-Kosmos häufiger auf, treffen allerdings auch allgemein zu.

  • Bewerter haben nur eine Rezension abgegeben

Wenn glückliche Kunden um eine Bewertung gebeten werden, kann hier ein „unnatürliches“ Verhältnis durch das eigene Marketing entstehen.

Tipp: Auf weitere Interaktionen achten. Vielleicht gibt es nur eine Rezension, aber mittels Antworten und Fotos wird das Google Local Profil regelmäßig genutzt.

  • Es wird sich gegenseitig bewertet

Kunde A bewertet Firma B und Firma B den Kunden A. Auch dies kommt vor, gerade in erfolgreichen Geschäftsbeziehungen. Fallen die Zeitpunkte allerdings auf einen vergleichbaren Punkt und sind dies die ersten Bewertungen, solltet ihr aufpassen.

Andere Plattformen: Provenexpert und Co.

Punkte, die mir häufig bei bestimmten Anbietern auffallen.

  • Anonyme Bewertungen = unüberprüfbar

Eine anonyme Bewertung ist schnell erstellt. Hierfür benötige ich nur ein paar E-Mail-Adressen und etwas Zeit. Daher sind diese mit größter Vorsicht zu genießen.

  • Reaktionen des Anbieters (auf Anonym mit Namen)

Die bewertete Firma gibt Anhaltspunkte innerhalb der eigenen Antwort. Beispielsweise wird auf eine anonyme Bewertung mit den Worten, danke liebe Yvonne, reagiert.

  • Bewertungen fast ausschließlich von Personen „mit nur einer Bewertung“

In diesem Fall fällt der „Klarname“ und die potenzielle Überprüfbarkeit seitens Google weg und der Account wurde nur angelegt, um die eine Firma zu bewerten.

  • Personen haben ansonsten kein gepflegtes Profil

Wenn man sich schon auf einer Website anmeldet und eine Dienstleistung überschwänglich lobt, dann sollte das eigene Profil zumindest rudimentär gepflegt werden.

  • Registrierung fällt mit der Bewertung zusammen

Wenn man sich nur für die Bewertung registriert, ist es eine logische Konsequenz, dass die Daten zusammenfallen. Aber, wie häufig passiert genau dies? Wenn ich von mir ausgehe – was selbstverständlich nicht repräsentativ ist – dann passiert es, dass ich mich an Tag X registriere. Aber erst an Tag X+2 die Bewertung auch schreibe.

Bitte bewerten!

Jeder Dienstleister freut sich, wenn seine Tätigkeit als wertvoll angesehen und daraufhin digital bewertet wird. Diese aktive Bekundung der Zufriedenheit geschieht selten hundertprozentig autark bzw. automatisch. Manche Strategien zu einer Bewertung zu gelangen sind dabei legitim, andere nicht:

  • Um eine Bewertung bitten!
  • Einen Rabatt für eine Bewertung anbieten.

In der nächsten Ausbaustufe werde ich den Text um weitere Schwindeleien auf der Website ergänzen. Denn Testimonials lassen sich selten prüfen und werden gern missbraucht.

Welche Ungereimtheiten sind dir bereits aufgefallen? Wie kontrollierst du die Plausibilität?

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